Wenn du jetzt gerade in deinem Zimmer sitzt, wirkt es vielleicht so, als wärst du von Raum umgeben: vier Wände, eine Tür, eine Decke, ein Boden. Ein kleiner, abgeschlossener Ort. Und vielleicht fühlt sich dein Geist manchmal genauso an: wie ein kleines, privates Innenleben, getrennt vom Rest der Welt.
Aber was wäre, wenn beides – der Raum und dein Geist – viel größer sind, als sie scheinen?
Der Raum endet nicht an den Wänden
Stell dir einen Tatami-Raum vor, wie Aoi ihn gerade entdeckt. Ganz schlicht. Papierwände. Stille. Eine Atmosphäre, die nichts fordert.
Aber obwohl der Raum „geschlossen“ wirkt, ist der Raum selbst nicht begrenzt. Die Wände trennen nicht den „Raum hier drin“ vom „Raum da draußen“. Sie trennen nur die Dinge, die im Raum stehen.
Der Raum hinter den Wänden ist derselbe Raum wie in deinem Zimmer. Es ist ein zusammenhängendes Feld.
Er ist:
-
ungeteilt,
-
kontinuierlich,
-
überall gleich,
-
ohne echten Anfang und ohne echte Grenze.
Die vier Wände sind wie Linien auf einer Landkarte:
Sie helfen uns, etwas zu ordnen – aber sie schneiden die Welt nicht wirklich auseinander.
Das Gleiche gilt für deinen Geist
Der Philosoph Bernardo Kastrup beschreibt Bewusstsein als ein einziges Feld, wie ein unendlicher Ozean, in dem jeder Mensch eine Art kleine Welle ist.
Die Welle hat eine Form – aber sie besteht vollständig aus dem Wasser des Ozeans.
Und Rupert Spira sagt es noch einfacher:
Alles, was du erlebst – Gedanken, Gefühle, Geräusche, Körperempfindungen – taucht in dir auf. Nicht in „dir“ als Person, sondern in dem bewussten Gewahrsein, das immer da ist. Dieses Gewahrsein ist kein privater Besitz. Es ist nicht „mein Geist“ oder „dein Geist“.
Es ist der Geist. Das eine Bewusstsein, das sich durch viele Formen ausdrückt.
Dein Geist ist kein Raum im Kopf – dein Kopf ist ein Inhalt im Geist
Das ist der nonduale Twist, der am Anfang paradox wirkt:
Bewusstsein ist nicht in dir.
Du bist in Bewusstsein.
Oder in Spiras Worten:
Alles erscheint in Bewusstsein – und dieses Bewusstsein bist du.
Aber nicht das „du“, das du glaubst zu sein.
Und plötzlich wird klar:
So wie Wände keinen eigenen „Raum“ erzeugen, erzeugen Körper und Gehirne keinen eigenen „Geist“.
Sie sind Erscheinungen in einem ungeteilten Bewusstseinsfeld.
Warum das nicht esoterisch ist – sondern praktisch
Wenn Geist ein einziger, ungeteilter Raum ist, dann fällt etwas Wichtiges weg:
Alle inneren Grenzen, die du dir selbst auferlegst.
Gedanken wie:
-
„Ich bin getrennt von anderen.“
-
„Meine Probleme sind nur meine.“
-
„Ich stecke in meinem Kopf fest.“
… verlieren an Gewicht, sobald du erkennst, dass der Raum, in dem alles auftaucht, grenzenlos ist.
Im Alltag zeigt sich das so:
-
Du fühlst dich weniger eingesperrt in deinen Gedanken.
-
Alles bekommt mehr Weite.
-
Gefühle dürfen auftauchen, ohne dich zu überwältigen.
-
Beziehungen fühlen sich verbundener an.
-
Einsamkeit wird leiser.
Du bist nicht „in deinem Kopf“. Du bist in Bewusstsein – und Bewusstsein ist grenzenlos.
Wenn du in deinem Zimmer sitzt …
… dann setzt sich all das in einem einfachen Moment fort:
Der Raum zwischen den vier Wänden ist nicht getrennt vom Raum des gesamten Universums. Und der Geist, in dem deine Gedanken auftauchen, ist nicht getrennt vom Geist, in dem alles auftaucht.
Vielleicht merkst du es in einem Atemzug: Du bist viel weniger begrenzt, als du dachtest.
Ein Raum. Ein Geist. Eine Wirklichkeit – mit unzähligen Formen, die auftauchen und wieder verschwinden. Und du bist das offene Feld, in dem alles geschieht.
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