"Vor ein paar Tagen bin ich so durch die Straßen geschlendert und sehe einen Aufkleber auf einem echt kultigen, alten Toyota: 'ICH BIN SCHLECHT – durchgestrichen.' Und darunter: 'Ich DENKE, dass ich schlecht bin.' Ich habe dann mit Renji darüber geredet und er hat mir klargemacht, dass dies einer der Hauptpunkte überhaupt in der Meditation ist: Wir bekommen einen gesunden Abstand zu unseren Gedanken und Gefühlen. Sie sind Vorschläge unseres Körper-Geist-Systems (das sagt Renji gerne zu uns als Menschen), nicht mehr und nicht weniger."
Vielleicht kennst du das: Dein Kopf läuft wie ein überdrehter Gruppenchat. Gedanken tauchen auf, pushen sich in den Vordergrund, kommentieren alles – und du fühlst dich mittendrin gefangen. Metakognition ist die Fähigkeit, innerlich einen Schritt zurückzutreten und zu merken:
„Aha, das ist gerade ein Gedanke. Und ich muss mich nicht von ihm steuern lassen.“
Klingt einfach, ist aber eine der wichtigsten Skills in Meditation und in der sog. ACT-Therapie (Acceptance and Commitment Therapy).
Gewahr-Sein: Das Upgrade deines Aufmerksamkeits-Systems
Gewahr-Sein bedeutet nicht, dass du „perfekt ruhig“ sein musst.
Es heißt: Du bemerkst, was in dir passiert. Du verschmilzt nicht automatisch mit jedem Gedanken oder Gefühl, das vorbeikommt. Vielleicht wie wenn du plötzlich siehst:
„Ah, da ist wieder dieser Selbstzweifel-Gedanke… interessant.“
Nicht: „Ich bin schlecht.“ Sondern: „Ich denke gerade, dass ich schlecht bin.“
Das kleine Wort denke verändert alles. Es schafft Raum.
Der beobachtende Verstand: Dein innerer Kameramodus
ACT nutzt ein starkes Bild: Den beobachtenden Verstand. Das ist der Teil von dir, der registriert, was in dir auftaucht – ohne direkt draufzuspringen. Stell dir vor, du drückst in deinem Kopf auf „Third-Person-View“:
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Du siehst den Ärger, ohne Wut zu werden.
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Du siehst die Angst, ohne wegzurennen.
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Du nimmst die Scham wahr, ohne darin unterzugehen.
Du musst nichts davon "wegmachen". Du beobachtest. Wie beim Schauen von Wolken: Sie entstehen, hängen kurz rum und ziehen weiter.
Stille im Geist: Nicht „keine Gedanken“, sondern „nicht mehr gefangen“
Viele glauben, Meditation bedeutet, dass der Kopf komplett leer wird. Das stimmt nicht.
Stille heißt:
Du reagierst nicht sofort.
Du lässt Zwischenräume entstehen.
Dein Geist darf Geräusche machen –
aber du musst nicht auf jedes reagieren.
Oft wird die Stille spürbar, wenn du bemerkst:
„Ah… ich habe gerade 10 Sekunden nichts kommentiert.“
Das ist keine Superpower. Das ist ein Trainingseffekt.
4. Gesunde Distanz: Wenn Gedanken nur noch Angebote sind
In ACT sagt man: Gedanken sind Vorschläge – keine Befehle.
Die meisten von uns nehmen Gedanken aber wie Push-Nachrichten des Lebens:
„Mach das!“
„Du bist nicht gut genug!“
„Das wird schiefgehen!“
Metakognition hilft dir, das alles nicht mehr als Wahrheit zu schlucken. Du erkennst:
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Gedanken = mentale Events
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Gefühle = Body-Messages
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Du = der Raum, in dem beides auftaucht
So entsteht die gesunde Distanz, die dich stabiler, freier und klarer macht.
Wie du das üben kannst
Ein paar einfache Einstiegsübungen:
1. Name it to tame it
Wenn ein Gedanke auftaucht:
„Ich bemerke den Gedanken, dass …“
Das schafft sofort Abstand.
2. Atemanker
Atme einmal tief ein und aus.
Beobachte: Wo spürst du die Bewegung im Körper?
Dieser Moment ist deine Rückkehr in die Gegenwart.
3. Wolken-Metapher
Sieh Gedanken wie Wolken. Manche sind dunkel, manche hell – aber keine bleibt für immer.
Warum das für dich wichtig ist
Weil dein Gehirn manchmal laut ist. Weil Gefühle stark sein können. Weil Stress, Schule, Social Media und Beziehungen oft mehr Chaos machen, als wir zugeben. Metakognition, Gewahr-Sein und die ACT-Haltung helfen dir, etwas Entscheidendes zu erleben:
Du bist nicht deine Gedanken.
Du bist nicht deine Gefühle.
Du bist derjenige, der sie wahrnimmt.
Und aus genau diesem Ort entsteht Freiheit – und manchmal sogar Stille, die sich anfühlt wie Durchatmen im Kopf.
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