Achtsamkeit und Meditation sind zunehmend Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen zur Förderung psychischer Gesundheit im Jugendalter. Zahlreiche Studien untersuchten achtsamkeitsbasierte Interventionen (MBIs) hinsichtlich ihrer Wirkung auf Stressbewältigung, Emotionsregulation und schulisches Wohlbefinden. Dieser Kurzreview fasst zentrale Forschungsergebnisse zusammen und bewertet deren Aussagekraft.

1. Positive Effekte achtsamkeitsbasierter Programme
AISCHU – Achtsamkeit in der Schule
Die Evaluation des Programms AISCHU, das sich primär an Lehrkräfte richtet, zeigt signifikante Verbesserungen in deren mentaler Gesundheit. So reduzierten sich das Stressempfinden um 8 %, Sorgen um 9 % und Anspannung um 12 %. Gleichzeitig stieg das allgemeine Wohlbefinden um 8 %, während Achtsamkeit, Präsenz und Akzeptanz um rund 10 % zunahmen (Kraft et al., 2021).
MAIDS – Meditation und Achtsamkeit in der Schule
Schramms Dissertation zur MAIDS-Intervention belegt, dass regelmäßige Meditationseinheiten im Unterricht die selektive Aufmerksamkeit von Schülerinnen und Schülern erhöhen. Ferner wurde das Klassenklima als harmonischer wahrgenommen, und das individuelle Wohlbefinden stieg (Schramm, 2022).
Pilotstudie aus Spanien (PMCID: PMC8701759)
Eine randomisiert-kontrollierte Studie zeigte signifikante Verbesserungen in der Emotionsregulation und Reduktion von intrusivem Denken, depressiven Symptomen und Angstzuständen bei Jugendlichen nach einer MBI von acht Wochen. Die Effekte blieben über 3 Monate stabil (Montero-Marin et al., 2021).
ADHS-Therapie durch Achtsamkeit
Linderkamp (2022) beschreibt in einem Beitrag des AVE-Instituts erste Hinweise, dass MBIs bei ADHS-betroffenen Jugendlichen impulsives Verhalten mildern und die Selbstregulation stärken können. Systematische Langzeitstudien fehlen jedoch bisher.
2. Grenzen und kritische Befunde
MYRIAD-Studie (UK)
Die bisher größte Studie im Feld (n = 8.376), ein Cluster-RCT aus Großbritannien, ergab, dass universelle schulbasierte Achtsamkeitstrainings keinen signifikanten Einfluss auf depressive Symptome oder das allgemeine Wohlbefinden zeigten. Besonders auffällig war die geringe Motivation der Jugendlichen, was auf die verpflichtende Teilnahme zurückgeführt wurde (Kuyken et al., 2022; Montero-Marin et al., 2023).
Internationale Metastudien
Eine Studie unter Leitung von Catherine Johnson (University of Adelaide) mit Daten aus England und Australien kam zu dem Schluss, dass viele Achtsamkeitsprogramme keine signifikanten Effekte auf Selbstwahrnehmung oder Emotionsregulation zeigten. Die Autoren betonen die große Varianz der Ergebnisse und fehlende standardisierte Implementierung (Johnson et al., 2018).
3. Bewertung und Ausblick
Achtsamkeit und Meditation bieten vielversprechende, aber kontextabhängige Möglichkeiten zur Unterstützung der psychischen Gesundheit im Jugendalter. Studien mit freiwilliger Teilnahme und qualitätsgesicherter Umsetzung zeigen moderate bis starke Effekte auf Wohlbefinden, Aufmerksamkeitsleistung und Emotionsregulation. Die Wirksamkeit ist jedoch nicht universell gegeben – insbesondere bei verpflichtender Teilnahme oder inadäquater Implementierung sind die Effekte gering. Weitere Forschung sollte sich auf Langzeiteffekte, differenzielle Wirksamkeit (z. B. ADHS, Angststörungen) und optimale Implementierungsstrategien fokussieren.
Literatur
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Kraft J, Böhme H, Brose A. Achtsamkeit in der Schule (AISCHU) – Evaluation der Weiterbildung für Lehrkräfte zur Stressreduktion. Prävention Gesundheitsf. 2021;17:299–305.
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Schramm A. MAIDS – Meditation und Achtsamkeit in der Schule. Dissertation. München: LMU; 2022.
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Kuyken W, Weare K, Dahlgaard S, et al. Effectiveness of school-based mindfulness training in reducing mental health risk and promoting wellbeing: MYRIAD trial. Evid Based Ment Health. 2022;25(4):1–11.
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Montero-Marin J, et al. Do Adolescents Like School-Based Mindfulness Training? J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 2023;62(3):314–324.
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Johnson C, et al. Effects of mindfulness training in schools: an international comparative study. Spektrum.de. 2018.
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Linderkamp F. Achtsamkeit bei ADHS – Potenzial für Therapie? AVE Institut. 2022.
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Montero-Marin J, Garcia-Campayo J, et al. Mindfulness-based program for adolescents: RCT study. Front Psychol. 2021;12: PMC8701759.
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